
Womit werden Unternehmen zukunftsfähig?
An der Schwelle eines neuen Zeitalters stehend gibt es für Unternehmen derzeit viel zu tun. Zur digitalen Transformation kommt der ökologische Umbau, gleichzeitig befinden sie sich im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte, Märkte und Ressourcen. Welche Technologien und Strategien helfen da am besten weiter? Sie haben Ideen, wie Unternehmen all das
gelingen kann? Dann schreiben Sie uns.

Kreativ gestalten
Der Mittelstand steht für qualitatives, sinnstiftendes, zweckorientiertes Wirtschaften. Die Unternehmen sind in der Gesellschaft verwurzelt und handeln verantwortlich. Doch es scheint, als würde ihr Erfolg stagnieren. Schnellere Entscheidungsprozesse, wachsender Innovationsdruck und internationale Konkurrenz lassen weniger Raum für Reflexion und aktive Gestaltung. Hinzu kommen hemmende Rahmenbedingungen. Die Unternehmen müssen daher aktiv werden. Die digitale Transformation ist dabei eine besondere Herausforderung. Nur durch systematisches Denken, Kollaboration und Mut zu neuen Wegen lassen sich die Komplexität und Beschleunigung der modernen Wirtschaft leben und gestalten. Damit dies gelingt, braucht es eine Verbindung von Mittelstandskultur und -tradition mit radikaler Innovation und Flexibilität. Es geht nicht darum, alles neu, sondern einiges anders zu machen – raus aus der reinen Effizienz, rein in die kreative Gestaltung. Es geht darum, eine führende Rolle im Strukturwandel durch eine eigene Unternehmensmission für die Zukunft einzunehmen. Jetzt gilt es, aktiv zu werden. Die Voraussetzungen sind gut: Gerade mittelständische Betriebe pflegen Werte, die entscheidend dazu beitragen, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten und die Wirtschaft nach vorne zu bringen. Nachhaltigkeit, gesellschaftliches Engagement und starke Mitarbeiterkultur zeichnen den Mittelstand seit jeher aus. Diese Werte sind heute wichtiger denn je.

Benefits, die zählen
Meine Nummer eins – weil ich bisher immer selbst dafür aufkommen und sie außerhalb der regulären Arbeitszeit absolvieren musste: fundierte Weiterbildungen, und zwar in einem Bereich, den ich oder das Team für die tägliche Arbeit selbst für sinnvoll halten, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen. Meine Nummer zwei: ein selbstverwaltetes Team-Budget für Hard- und Software, und zwar wieder, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen. Manche Software muss man im Team auch erstmal ausprobieren, um herauszufinden, ob sie das Zusammenarbeiten erleichtert. Meine Nummer drei: die Möglichkeit für Arbeitszeitkonten. Und meine Nummer vier: ein Kontingent an frei verfügbaren Arbeitsstunden im Monat, an denen ich oder mein Team an eigenen Projekten arbeiten kann.

Wichtigster Wert
Es wird über unterbrochene Lieferketten, den Umgang mit den eigenen Mitarbeitenden und die hohe Anzahl an Unternehmen, die bereits nach kurzer Zeit finanzielle Unterstützung brauchen, gesprochen. Ein Thema, welches deswegen nun noch mehr Beachtung finden sollte und dem sich auch Unternehmen stellen müssen, ist die Frage nach den sozialen und ökologischen, aber auch langfristig ökonomischen Auswirkungen des eigenen Handelns. Kurz: wie nachhaltig wird gewirtschaftet. Damit jedoch Werte wie nachhaltiges Wirtschaften in einer Organisation umsetzbar sind, müssen sie von der Arbeitsplatzkultur getragen werden. Grundsätzlich basiert eine Arbeitsplatzkultur auf drei Dingen: Vertrauen, Führungsqualität und gelebte Werte. Mitarbeitende und Führungspersonen müssen einander vertrauen, die Führungspersonen mit gutem Beispiel vorangehen und die Werte, die im Unternehmen definiert wurden, auch gelebt werden. Betrachtet man die akute Lage beim Klimawandel, der Biodiversität oder der Solvenz vieler Unternehmen wird insbesondere ein Wert für Organisationen immer wichtiger: Nachhaltigkeit. Als Unternehmenswert muss jedoch auch er gelebt werden.

Eng verzahnt
In der Post-Corona-Zeit müssen sich die Firmen neu aufstellen und Mitarbeiter aus der Kurzarbeit oder vom Arbeitsmarkt holen. In vielen Branchen ist das schwierig und ein attraktives Benefitpaket nötig. Neben Gehalt und Arbeitsklima braucht es hier zeitgemäße Instrumente zur Bindung und Rekrutierung. Traditionelle Angebote verlieren an Bedeutung. Ein Dienstwagen etwa ist steuerlich unattraktiv und passt nicht in die Nachhaltigkeitsdebatte, Altersversorgung ist wiederum kein sofort erlebbarer Benefit und leidet unter den niedrigen Zinsen. Hier passen besonders Dienstrad oder Jobticket in die Zeit, analoge und digitale Gesundheitsangebote und bei sogenannten White-Collar-Arbeitern hybride Rahmenbedingungen, die mobiles, flexibles Arbeiten ermöglichen. Gerade bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist Deutschland schlecht aufgestellt, was zu einer niedrigen Beschäftigungsquote bei Frauen führt. Es sind betriebliche Betreuungsangebote von der Kita bis zum Zimmer für demente Eltern, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Teilzeit und Lebensarbeitszeitmodelle, die auf das „Employer Branding“ einzahlen. Ein Unternehmen, das flache Hierarchien, kooperative Führungskräfte und sinnstiftende, agile Arbeit bietet, wird besonders in den Metropolen qualifizierte Mitarbeiter finden. Gesunde Mitarbeiter sind eine Win-Win-Win Situation für Unternehmen, Krankenkassen und die Angestellten selbst. Denn Klimawandel, Wachstum und Gesundheit hängen zusammen.

Es wäre für mich eine Kombination im Idealfall. Es kommt auf die Region des Arbeitgebers an. Ich wohne selbst am Land, da gibt es so gut wie kein Fitnesscenter, aber man könnte hier selbst Fitnesskurse anbieten. Was ich zum Beispiel wichtig finde ist, in größeren Einrichtungen die Kantine neu zu gestalten, gesünderes, schmackhaftes Essen zuzubereiten, einen Obstkorb kostenlos zur Verfügung zu stellen und dergleichen. Auch Fortbildungsangebote alle drei Monate zu einem Gesundheitsthema mit Fachexperten und mehr Interaktion mit den Mitarbeitern fände ich gut.

Toll wäre es, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das individuell auswählen dürfen.

Am besten, Mitarbeitende erhalten einen steuerfreien Gegenwert. Sie können selbst entscheiden, was für sie am besten geeignet ist – ohne zusätzliche Bürokratie, Bevormundung und Lobby-unterstützte Programme und Tools. Eine Alternative dazu wäre die Erhöhung des Arbeitnehmerzuschusses zur Krankenkasse, damit diese Gehaltsreduktion nicht auffällt.

Alle vier Maßnahmen. Nicht alle Mitarbeiter fahren Fahrrad, das Jobticket ist sowieso ein Verkehrsmittel von heute und der Zukunft, „digitale“ Gesundheitsangebote werden (hoffentlich) Standard und das Fitnessstudio ist bei uns Deutschen eigentlich ein Muss.

Es könnte auch sinnvoll sein, die Mitarbeiter selbst aus diesem Angebot auswählen zu lassen, da die Vorlieben und Notwendigkeiten sehr unterschiedlich sein können.

Ich denke, dass an erster Stelle das Betriebsklima steht. Die einzelnen Benefits sind nice to have, aber relativ beliebig, wenn sie branchenüblich sind. Wir selbst setzten oft die Kinderbetreuungskosten an. Das hat in bestimmten Landkreisen eine sehr hohe Wirkung.

Massage in der Mittagspause.

Mut trifft auf Geschwindigkeit
Ich denke, Unternehmen müssen vor allem an drei Fronten arbeiten. Erstens: mehr Mut, nicht nur inkrementell zu verbessern. Viele deutsche Unternehmen haben erfolgreiche Produkte am Markt und versuchen, ihren Platz gegen oft digital besser aufgestellte Konkurrenten zu behaupten. Entscheidungen, die getroffen werden, zahlen oft auf die Frage ein: Wie kann ich erhalten, was ich habe? Zu selten wird gefragt: Wie kann ich erschließen, was ich aktuell noch nicht habe? Zweitens: weniger Angst vor digitalen Fehlschlägen. Wenn in deutschen Mittelstandsunternehmen und Konzernen digitale Projekte angestoßen werden, dann oft mit sehr viel Planungsarbeit. Alle Optionen müssen ausgelotet, alle Eventualitäten bewertet werden. Das ist langwierig und zäh, und dabei werden so viele Kompromisse gemacht, dass am Ende ein nicht-optimales und total verspätetes Ergebnis steht. Einfach mal machen, das wäre oft der bessere Weg. Drittens: mehr Geld für digitale Forschung und Entwicklung bereitstellen. Im Vergleich zu anderen Ländern allokieren deutsche Unternehmen ziemlich viel Geld in technische und ziemlich wenig Geld in digitale Forschung und Entwicklung. Das war historisch gesehen sinnvoll, ist es heute aber nicht mehr.

Bewährtes Rezept
Oft wird beim unternehmerischen Denken erst zum Schluss an den gedacht, der das Unternehmen am Laufen hält, den Kunden. Ein Erfolgsrezept für die Zukunft ist eine uralte Weisheit, die aber oft ins Vergessen gerät: die Kundenzufriedenheit. Ein Unternehmen sollte eigentlich mit Händen und Füßen dafür kämpfen, jeden Kunden, den es einmal für sich gewonnen hat, als zufriedenen Stammkunden für sich zu behalten. Ein an superschlaue Computer ausgelagertes Callcenter, das einem dann mit einer halbstündigen Wartezeit belohnt, ist das genaue Gegenteil davon. Besonders der stationäre Handel und die Gastronomie, die sich nicht auf Lieferdienste verlässt, hat hier riesige Vorteile, da sie direkt mit dem Kunden kommunizieren und sofort reagieren können.

Dekadenz von gestern
Leider fallen mir spontan vielen Sachen ein, mit denen Unternehmen nicht zukunftsfähig werden. Wenn so viel Verantwortung wie möglich auf die Schultern von anderen geladen und nur der Profit maximiert wird, ist ein Unternehmen vielleicht profitabel, aber nicht gesellschaftlich zukunftsfähig. Vor allem der grassierende Onlinehandel ist hierfür ein Paradebeispiel: Die Logistik wird von prekär bezahlten Mitarbeitern unter Zeitdruck mit Lebensgefahr für andere Verkehrsteilnehmer durchgeführt. Unnötiger Verpackungsmüll opfert Bäume und verstopft die Mülltonnen, Innenstädte veröden und der gescheffelte Profit wird in Steueroasen niedrigstversteuert. Erfüllungsgehilfe ist der Bequembürger, der seinen digitalen Kokon der wirklichen Welt da draußen vorzieht.

Zukunftsfähig eine Frage der Unternehmenskultur?
Es wird über unterbrochene Lieferketten und der Umgang mit den eigenen Mitarbeitenden, die hohe Anzahl an Unternehmen, die bereits nach kurzer Zeit finanzielle Unterstützung brauchen, und der blaue Himmel über sonst smoggeplagten Grossstädten gesprochen. Ein Thema, welches deswegen nun noch mehr Beachtung finden sollte und dem sich auch Unternehmen stellen müssen, ist die Frage nach den sozialen und ökologischen, aber auch langfristig ökonomischen internen und externen Auswirkungen des eigenen Handelns, kurz: wie nachhaltig gewirtschaftet wird. Damit jedoch Werte wie nachhaltiges Wirtschaften als Organisation umgesetzt werden, müssen sie auch von der Arbeitsplatzkultur getragen werden. Grundsätzlich basiert eine Arbeitsplatzkultur auf drei Dingen: Vertrauen, Führungsqualität und gelebten Werten. Im Klartext bedeutet das, dass Mitarbeitende und Führungspersonen einander vertrauen müssen, die Führungspersonen mit gutem Beispiel vorangehen und die Werte, die im Unternehmen definiert wurden, auch gelebt werden. Betrachtet man die akute Lage des Klimawandels, der Biodiversität oder der fehlenden Solvenz vieler Unternehmen wird insbesondere ein Wert für Organisationen immer wichtiger: Nachhaltigkeit. Als Unternehmenswert muss jedoch auch er gelebt werden.
Diana Scholl, Leiterin Mittelstandsallianz, politische Netzwerke und Strategie, Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW)