
Was verbindet Stadt und Land?
Hier kommt der Bus zu selten, dort verpestet er die Luft, hier sind alle offline, dort jeder mobil, hier Leerstand, dort Wohnungsnot: Ländliche und urbane Räume erscheinen oft gegensätzlich. Dabei sind beide von den Herausforderungen der Gegenwart betroffen. Wir wollen deshalb nicht das Trennende, sondern die Gemeinsamkeiten betonen. Stellen Sie uns ihre Ideen für die Verzahnung von Stadt und Land vor.

Überall verbunden
Die Digitalisierung bietet nicht nur das Potenzial, Stadt und Land zu verbinden, sondern zu erreichen, dass Stadt und Land erst gar nichts trennt. Im digitalen Raum sind Begegnungen und Zusammenarbeit nämlich unabhängig davon möglich, wo Menschen leben oder arbeiten. Dafür muss dieser digitale Raum entsprechend gestaltet und genutzt werden und die technische Infrastruktur sowie digitale Kompetenzen vorhanden sein. Dafür setzen wir uns in Hessen mit der Umsetzung unserer Digitalstrategie „Digitales Hessen – Wo Zukunft zuhause ist“ ein. Als Chief Information Officer (CIO) des Landes Hessen ist mir dabei die Digitalisierung der Verwaltung ein besonderes Anliegen. Mit neuen Konzepten und integrierten Arbeitsplätzen wird Verwaltungsarbeit von jedem Ort aus gestaltbar. Behörden werden für Unternehmen wie auch für Bürgerinnen und Bürger attraktiver, die immer mehr Behördengänge einfach online vom Sofa aus erledigen können. Auch digitales Arbeiten innerhalb der Verwaltung verbindet Stadt und Land, indem Behörden oder ihre Zweigstellen verstärkt im ländlichen Raum angesiedelt werden. Die Arbeitsplätze kommen also näher zu den Menschen, was Bürobedarf und Verkehrsaufkommen in Ballungsräumen reduziert. Dies steigert nicht nur die Arbeitgeberattraktivität, sondern auch den persönlichen Freiraum eines jeden, sich für ein Leben in der Stadt oder auf dem Land zu entscheiden.

Über Menschen
Menschen aus urbanen und ländlichen Räumen leben aktuell in verschiedenen Realitäten, was dazu führt, dass sie sich nicht verstehen. Damit meine ich nicht, dass sie sich nicht mögen, sondern sich mitunter fremd sind. Als ich vor vielen Jahren von der Stadt aufs Land gezogen bin, wurde ich mit offenen Armen empfangen. Die Menschen dort hatten keine Angst vor der Neuen. Sie hatten Angst vor dem eigenen Aussterben. Inzwischen ist eher eine Umkehr zu spüren: von der Landflucht zur Stadtflucht. Ich persönlich begrüße eine solche Entwicklung. Zum einen, damit auf dem Land wieder das aufgebaut wird, was viel zu lange vernachlässigt wurde: die technische und soziale Infrastruktur. Zum anderen, damit sich Menschen aus Stadt und Land mehr durchmischen. Tatsächlich bemerke ich, dass gerade die jungen Leute lieber in ihren Dörfern leben wollen, um etwa dem städtischen Leistungsdruck fernzubleiben. Damit sich Stadt und Land wieder näherkommen, müssen auch Politik und Medien ländliche Diskurse viel mehr miteinbeziehen. Es kann ja nicht sein, dass eine grüne Landwirtschaft gefordert und gleichzeitig nichts getan wird, wenn internationale Investoren Agrarfläche kaufen, dort eine Scheinwirtschaft betreiben und damit die landwirtschaftliche Arbeit ganzer Generationen kaputtmachen. Darüber wird viel zu wenig gesprochen. Ich denke aber, dass uns das große Umwelt- und Klimathema, eben weil es uns alle angeht, mentalitätsmäßig zusammenbringen kann.

Digitales Arbeiten verbindet
Noch vor Kurzem waren Homeoffice und Co. oft eine Art Privileg für einige wenige und nur in besonders digitalen Berufen etabliert. Für viele Arbeitgeber war es undenkbar, die Mitarbeiter nicht vor Ort zu haben. Corona aber zeigte vielen: Arbeit aus der Ferne kann funktionieren, wenn auch naturgemäß vor allem mit Bürotätigkeit. Von 15 auf 32 Prozent stieg im vergangenen Jahr der Anteil derjenigen, die Homeoffice nutzten, und der Großteil davon möchte dies gerne auch zukünftig öfter tun – das ergab der D21-Digital-Index 2020/2021. Wenn das Vertrauen beidseitig da ist, spricht doch nichts dagegen, wenn jemand aus der hessischen Heimat arbeitet, die Firma aber in Berlin sitzt. Das hieße auch, dass man sich bundesweit auf Stellen bewerben kann, ohne umziehen zu müssen. Das gilt andersherum genauso: Auch Unternehmen können überall, auch über Grenzen hinaus, die besten Mitarbeiter finden. Die Digitalisierung bietet die Chance, Arbeit und Leben in Stadt und Land zu verbinden. Denn über 60 Prozent möchten laut einer Kantar-Umfrage in Dörfern oder Kleinstädten wohnen. Ich glaube, viele Menschen in Deutschland würden sich gerne ab und zu das tägliche Pendeln sparen. Denkt man die Möglichkeiten weiter, könnte das auch zu einer (Wieder-)Belebung ländlicher Regionen führen, weil wieder mehr Menschen dorthin ziehen und Dienstleistungen vor Ort nutzen – ob nun Geschäfte, Restaurants oder Kitas. Der digitale Wandel macht es möglich.

Der Mischung macht‘s
Wir haben uns dieses Jahr entschieden, eine Rundreise durch Deutschland zu machen. Wir selbst wohnen in der größten Stadt Deutschlands, unserer Hauptstadt. Daher wollten wir bewusst die großen Städte und den Stress, den sie zwangsläufig mit sich bringen, meiden. Nach drei Wochen habe ich aber genau diesen wieder vermisst. Der Bus, der alle zehn Minuten kommt oder das Restaurant, welches nicht erst um 17 Uhr öffnet, sind Dinge, die man erst vermisst, wenn man müde in seine Unterkunft zurück möchte oder hungrig ist. Hinzu kommt das oft fehlende mobile Internet, das man vor 20 Jahren nicht gebraucht hätte, aber das Leben enorm erleichtert. Ich brauche beides von Zeit zu Zeit. Auf bald, Wald!

Stille Reserven
Straßen, Schienen und Flüsse verbinden Stadt und Land. Diese Infrastruktur, die oft marode und überlastet ist, bietet Chance und Risiko zugleich. Wenn nur noch mehr Beton für Straßen das Konzept darstellt, ist der Verkehrskollaps der Zukunft absehbar. Kreative Lösungen sind in Zeiten der Mobilitätswende gefragt. Hier gibt es massig Chancen für das Land der Erfinder und Ingenieure, die zeigen können, wo das Potenzial von Schiene oder Wasserstraßen liegt, um nur einige Beispiel zu nennen. Das Rad muss aber nicht neu erfunden werden, in der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken schlummert beispielsweise ein riesiges Reservoir.

Mehr Begegnungsräume
Nicht nur Schienen oder Straßen verbinden Stadt und Land. Es ist vor allem die Sehnsucht. Sehnsucht nach dem, was uns fehlt. Ich kenne viele Großstädter, die sich nach einem ruhigen Landhäuschen sehnen, während ich schon oft mit Leuten vom Land gesprochen habe, die sich eine bessere Anbindung an die Stadt wünschen. Durch meine Initiative „Bus der Begegnungen“ habe ich Menschen kennengelernt, die in Städten wohnen, die leer sind, was man ja eigentlich nur vom Land kennt. Und ich habe ehemalige Städter getroffen, die sich proaktiv für ein Leben auf dem Land entschieden haben. Worauf ich hinauswill: Es gibt kein Leben ohne Stadt. Und es gibt kein Leben ohne Land. Wir sind alle voneinander abhängig. Nicht im negativen Sinne, sondern im positiven. Daher sollten wir innerhalb neuer Mobilitätskonzepte auch mehr Begegnungsmöglichkeiten schaffen. Dass sich viele Leute auf dem Land „abgehängt“ fühlen, ist ja nicht nur eine Befindlichkeit, sondern durch den Strukturwandel bedingt. Und da gilt es, den Bedürfnissen dieser Menschen mehr Verständnis entgegenzubringen. Wer Verbindung möchte, eben auch zwischen Stadt und Land, muss sich treffen, um sich besser zu verstehen. So können Bekanntschaften entstehen. Das klingt jetzt vielleicht pathetisch, aber es ist wahr: Durch Begegnungen können auch Vorurteile abgebaut werden. Daher muss die Mobilitätswende neue gemeinsame Räume schaffen, die Stadt und Land letztlich auch näher zueinander rücken lassen.

Das Netz versilbern
Gerade alte Menschen tun sich oft schwer mit der digitalen Welt. Und nicht selten fehlt es in Seniorenheimen oder im eigenen Heim an WLAN – die Grundvoraussetzung, um an eben dieser digitalen Welt teilzunehmen. Dabei bietet das Internet unzählige Möglichkeiten, wie etwa die Vernetzung von älteren Menschen zwischen ländlichem und urbanem Raum. Unser Verein Wege aus der Einsamkeit setzt sich seit acht Jahren dafür ein, dass auch ältere und alte Leute aktiv an der Digitalisierung teilnehmen können. Seit Frühjahr 2014 haben wir mit knapp 14.000 Teilnehmern zwischen 65 und 95 Jahren erste und weitere Schritte in die digitale Welt gesetzt. Das hat sich besonders während der Corona-Pandemie bewährt: Seit März 2020 haben wir mehrere hundert Zoom-Gespräche gestartet. In unseren „Versilberer-Runden“ können ältere und alte Menschen digitale Schulungen oder Lesungen besuchen, im Sitzen gemeinsam Yoga machen oder tanzen. Im Gegensatz zu analogen Aktivitäten spielt es keine Rolle, wo jemand wohnt oder ob jemand mobilitätseingeschränkt ist. Wichtig ist nur, dass man Neuem gegenüber offen ist. Dabei ist auffällig, dass unsere Gäste zu 90 Prozent Frauen sind. Für die Zukunft wünschen wir uns, dass mehr Männer unser Angebot annehmen – und die Politik sicherstellt, dass Wohnanlagen, Krankenhäuser und Heime, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, mit WLAN ausgestattet werden. Eine digitale Teilhabe soll schließlich nicht an finanziellen Mitteln scheitern.

Steter Austausch
Im 19. Jahrhundert hieß es, die Städte fräßen die Kinder des Lands. Tatsächlich suchten die ein besseres Leben. Im 20. Jahrhundert flohen die Städter aufs Land, kamen aber meistens nur bis zum Zwischenland der Vorstädte, also ins Suburbane. Bis heute liefert das Land den Städten Energie, Erholungsraum und Nahrung. Sollte sich das Arbeiten im Homeoffice tatsächlich durchsetzen, wird das Land für manche Städter zum Lebensraum. Digitalisierung schafft Spiel-Räume.

Nachhaltige Pendler
Horrende Baupreise, astronomische Mieten und unerträglicher Berufsverkehr: das sind die Randerscheinungen einer Arbeitswelt, wie sie sich in den Ballungsgebieten zu fast unlösbaren Problemen auftürmen. Eine Wohnung in der Nähe der Arbeitsstelle ist dort nur mit höheren Einkommen möglich. Eine Wohnung auf dem Land zwingt einen auf eine tägliche Karawane, immer genau zur selben Zeit in den gleichen Nadelöhren. Wie schön wäre es, in der Stadt eine Wohnung und auf dem Land ein Haus im Grünen zu haben. Die meisten werden diesen Gedanken schnell verwerfen, aber genau dort setzt ein neuer Gedanke an, der mit Hilfe der Sonne ermöglicht wird: energieautarkes modulares Wohnen. Mikroapartments in mit Solarpanels verkleideten Häusern ermöglichen auch auf den teuren Stadt- und Stadtrandgrundstücken eine bezahlbare Wohnung. Die Wohnfläche ist reduziert, wächst aber durch multifunktionale Möbel wieder künstlich. Eine Photovoltaik-Anlage erzeugt den notwendigen Strom, überschüssige Wärme wird in Pufferspeichern gespeichert. Das hält die Kosten niedrig. E-Cars im Sharing sorgen für flexible Mobilität. Das Wohnen in der Stadt reduziert sich nur auf die Arbeitstage. Homeoffice und Freizeit verbringt man im Solarhaus-Modul im Umland der Stadt und genießt dort die höhere Lebensqualität. Ein Leben in Stadt und Land ist also möglich und nicht teurer als etwa eine Münchener Neubauwohnung – und das bei geringeren Unterhaltskosten und CO2-Emissionen.

Zwei Sphären einer Welt
Das zentrale Element der Verbindung von Stadt und Land ist der öffentliche Nahverkehr. Seit der Wiedervereinigung wurden vielerorts Regionalbahnen eingestellt oder die Frequenz minimiert, was der Abwanderung aus ländlichen Gebieten Vorschub leistete. Dies betrifft nicht nur das stadtnahe Umland, sondern auch das weiter entfernte Land, wo die Bewohner häufig auf Zweitjobs und das Pendeln zwischen Wohnort und Arbeit angewiesen sind. Ein wichtiger Aspekt, um das Land jenseits des Wochenendausflugs attraktiv zu halten, ist die ausreichende Versorgung mit Ärzten, Lehrern, kulturellen Einrichtungen und kleinen Läden für den täglichen Bedarf. Es gilt, Anreize zu schaffen für Arbeitssuchende in den genannten Berufen. Die Verzahnung von Stadt und Land kann nur gelingen, wenn ihre verschiedenen Qualitäten erhalten bleiben und nicht versucht wird, beide Lebenssphären einander gleichzumachen. Austausch setzt Verschiedenheit voraus, auf Augenhöhe. Digitale Nomaden, die abgeschottet in entlegenen Gegenden ihrem Beruf nachgehen, sind so wenig die Lösung wie polternde Heranwachsende, die sich am Wochenende lautstark in der Stadt austoben. Wichtig wäre es, beide Sphären füreinander zu sensibilisieren. Vielleicht hilft es, daran zu erinnern, dass viele Städte aus ehemaligen Dörfern hervorgegangen sind und das Land mit seiner Ruhe und Verlangsamung die Gesundheit der Städter fördert.

Digital vereint
Niemand stellt gerne Anträge. Weder in der Stadt, noch auf dem Land. Dies als verbindendes Element zu sehen, ist schlicht zu profan. Und dennoch, alle Menschen landauf, landab, haben das irgendwann vor der Brust. Und dann geht’s los. Geht man zum Amt? Die Zeit kann man sinnvoller nutzen. Findet man den Antrag im Internet? Suchmaschinen halten auch nicht immer, was ihr Name verspricht. Aber was ist mit den smarten Online-Dienstleistungen, die Kommunen nun mehr und mehr anbieten? Nutzerfreundlich sollen sie sein. Das wäre mal was. Kein Mensch meldet ja sein Auto an, weil Anmelden so viel Spaß macht. Nein, man tut es, weil man fahren will, und ohne Anmeldung darf man nicht. So geht es im Grunde mit allen Anträgen. Man muss, bevor man darf. Also tut man’s. Wird die Sache schöner durch Digitalisierung? Sie ist jedenfalls kein Papiertiger und kommt mit hohem Anspruch daher. Mantel und Schuhe können künftig zur Antragstellung im Schrank bleiben, denn es soll, so munkelt man, nicht mehr lange dauern, bis der Bauantrag vom Sofa ausgestellt werden kann. Und zwar mit dem Smartphone. Oder Elterngeld beantragt, ein Gewerbe angemeldet, eine Liegenschaftskarte angefordert oder was auch immer man gerade braucht. Stadt und Land lassen die Zukunft zur Gegenwart werden. Mit Hyperspeed. Verwaltungstechnisch gesehen.

Lohnende Investition
Verwaltung findet überall statt, in den Städten wie auf dem Land. Früher war es für Beschäftigte sicher oft attraktiver, in der Stadt zu arbeiten und auf dem Land zu leben. Aber die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist unumkehrbar und wenn es mit dem Netzausbau auch schneller vorangeht, werden wir tatsächlich von überall aus arbeiten können. Bei uns im Bundesverwaltungsamt ist Homeoffice bei vielen Aufgaben bereits problemlos möglich. So entfallen Anfahrtswege zum Arbeitsplatz, der Verkehr zwischen Stadt und Land wird entlastet und die Work-Life-Balance gestärkt. Mehr Beschäftigte aus ländlichen Regionen erleichtern auch die Personalgewinnung, denn in den Metropolen ist die Konkurrenz schon heute auf Arbeitgeberseite stark. Es bleibt aber noch viel zu tun. Hauptaufgabe wird es sein, die Verwaltungsprozesse überall digital neu zu gestalten. Wir brauchen: E-Akte, E-Rechnung, elektronische Signaturen und den digitalen Transfer von Bescheiden, beleglose Einreichung von Anfragen und Anträgen und vieles mehr. Vor allem brauchen wir es schneller als bisher und flächendeckend. Dann spielt die Frage nach Stadt oder Land keine Rolle mehr. Was fehlt, ist nicht ein Kulturwandel, der oft politisch angemahnt wird. Die Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung wollen die Digitalisierung und sie wollen sie mitgestalten. Die Politik muss jetzt strategisch investieren: Das Zusammenwachsen von Stadt und Land kostet Geld, aber es lohnt sich.

Die simple Verbindung ist die Straße, die aus der Stadt aufs Land führt. Viele Städter, die der Verkehr plagt, ziehen in die Ruhe aufs Land und tragen alsdann selbst zum Verkehrschaos in der Stadt bei.

Bauer sucht Städter
Eines der wichtigsten Bindeglieder zwischen Stadt und Land ist die Landwirtschaft. Das sieht man schon aus der Luft, wenn die Peripherie von Siedlungen immer mehr von Agrarflächen aufgelockert wird. Auch wenn die Zahl der Höfe zurückgeht und in vielen Dörfern nur noch ein Bauer übriggeblieben ist, ist es doch die Landwirtschaft, die dafür sorgt, dass die Menschen tagtäglich mit Lebensmitteln im Überfluss versorgt werden. Aber die Bedeutung der Bauern ist noch viel größer. Sie sind ein Bindeglied zwischen Mensch und Natur. Sie pflegen Landschaften und schaffen Erholungsräume, sie bauen nachwachsende Rohstoffe an und schützen, wenn sie verantwortungsvoll und nachhaltig arbeiten, Arten und Naturräume.

Digital verbindet
Die digitaltechnische Entwicklung wird künftig dazu führen, dass sich die dualistische Perspektive Stadt oder Land weniger nach klassisch infrastrukturellen Gesichtspunkten ausdifferenziert. Schon heute rangieren Mobilfunk- und Festnetzanbindung unter den Standortfaktoren immer dichter hinter der bisherigen Grundversorgung aus Strom, Wärme und Wasser. Mehr noch: Das Internet der Dinge schafft bereits smarte Dienste, die zahlreiche Leistungen kommunaler Daseinsvorsorge integrieren und deren Effizienz und Effektivität stark erhöhen können. Ob sehr dicht oder gering bevölkerter Raum: für die künftige Verbindung ist die digitale Anbindung ausschlaggebend. Stadt und Land sind dort immer stärker verbunden, wo es immer weniger Unterschied macht, wie weit und über welche Straßen das nächste Amt, der Arbeitsplatz, die nächste Einkaufsmöglichkeit oder medizinische Einrichtung entfernt und zu erreichen sind. Für die digital-unterstützte Daseinsvorsorge wird es darauf ankommen, wie wir moderne Technologien technisch handhaben und für das gegenseitige Miteinander nutzen. Die Entwicklung digitaler Dienste gibt Gelegenheit, das im Grundgesetz festgelegte Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen noch stärker mit Leben zu füllen. Als Föderalstaat mit starker dezentraler (Wirtschafts-)Struktur sollten wir die konkrete Ausgestaltung niemand anders überlassen, sondern als Gemeinwesen durch Kommunen, Bund und Länder selbst in die Hand nehmen.

Nachhaltig mobil
Wir brauchen eine Mobilität, die klimaschonender und attraktiver wird, aber fair bezahlbar bleibt. Außerdem muss der Verkehr sicherer werden. Diese Ziele sind unstrittig. Damit sie gelingen, brauchen die Städte aber die breite Unterstützung von Bund und Ländern. Egal, wer mit wem nach der Bundestagswahl regiert: Die nächste Bundesregierung muss eine nachhaltige, digitale und klimaneutrale Mobilität stärker und dauerhaft fördern. Sie muss den ÖPNV nach Corona finanziell stabilisieren und seinen weiteren Ausbau unterstützen. Und sie muss interessierten Städten mehr Handlungsspielräume für Mobilitätsprojekte geben, zum Beispiel für Bürgertickets. Die Städte wollen Neues unter Realbedingungen erproben können. Ein Wechsel von Großprojekten im Straßenbau hin zu klimafreundlicheren ÖPNV-Vorhaben muss ebenfalls möglich sein. Um Schadstoffe und CO2-Ausstoß zu verringern, setzen die Städte auf einen leistungsstarken umweltfreundlichen ÖPNV. Das Ideal sind gut vernetzte Busse und Bahnen mit sauberen Antrieben, möglichst dicht getaktet. Außerdem einheitliche Standards bei Fahrplanauskunft, Buchung und Bezahlung. Hinzukommen muss der weitere Ausbau von Rad- und Fußverkehr, ergänzt durch Sharing-Angebote und Elektromobilität. Da haben wir vielfach schon Erfolge. Es gibt aber auch noch gut Luft nach oben. Und wir wollen bessere Verbindungen zwischen Stadt und Umland. Damit das Auto auch dort nicht mehr unbedingt nötig ist.
Patrick Burghardt, Digitalstaatssekretär und Chief Information Officer, Land Hessen