
Wann werden wir Europäer?
Wird es jemals dazu kommen, dass wir uns selbst als Europäer – nicht als Deutsche – bezeichnen, wenn gefragt wird: Und woher kommen Sie?

Architektur für Frieden und Wohlstand
Wir wollen ein Europa der Vaterländer sein – wie Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle es einst ausgedrückt hat – in einem geeinten Europa, in dem wir alle Europäer sind und uns zugleich nationale Identitäten bewahren. Wir wollen also Deutsche, Italiener, Franzosen, Niederländer, Polen und Ungarn bleiben, um nur einige zu nennen, und zugleich Europäer sein. Mit dem Ziel, Europa dauerhaft zu sichern und damit auch den Frieden und die Freiheitdereuropäischen Völkerfamilie, muss es jetzt darum gehen, das Fundament Europas wieder zu festigen, den europäischen Einigungsprozess entschlossen voranzubringen und ihn politisch unumkehrbar zu machen. Wir müssen den Bau des „Hauses Europa“ jetzt mit neuem Schwung angehen und Schritt für Schritt vollenden. Das Haus Europa muss so groß sein, dass alle Völker Europas, die dies wünschen und können, darin eine Wohnung haben. Mit unseren Verträgen gestalten wir eine Hausordnung für ein friedliches Miteinander, die von den Mitgliedsstaaten natürlich eingehalten werden muss und mit der auch unvermeidliche Auseinandersetzungen in zivilisierter und geordneter Form geführt werden können, ohne dass es jemals wieder Krieg gibt. Deutschland darf nie wieder ein Wanderer zwischen den Welten werden, sondern muss, wie es Konrad Adenauer mit der Westbindung fixiert hat, fest im freiheitlichen Westen, in der europäisch-atlantischen Staatengemeinschaft verankert bleiben.

Wir sind mehr Region als Staat
Als Numerus-clausus-Flüchtling studierte ich in Straßburg in den 1970er Jahren Medizin. Es fiel mir manchmal schwer, mich als Deutsche zu bezeichnen, so viel Ballast, so viel Grausamkeiten, so viele notwendige Entschuldigungen. Irgendwann antwortete ich dann auf die Frage nach meiner Nationalität mit: je suis bavaroise et europeenne. Und das schuf Nähe mit den Elsässern, Verbrüderung gegen die „da oben“ und einen wunderbaren Austausch über Dialekt, Identität, Heimatliebe. Es ist so viel einfacher, seine Region zu lieben, die, die man kennt, in der man aufgewachsen ist, als irgendeinen Nationalstaat. Aber Europa ist meine Region, meine Kultur, mein griechisches Abendland, mein französischer Wein, mein englischer Krimi. Je mehr wir uns begegnen, desto mehr fühlen wir uns als Europäer. Schade, dass es noch keinen europäischen Pass gibt!

Einheit durch Vielfalt
Ich glaube nicht, dass eine paneuropäische Identität die nationalen Identitäten verdrängen wird. Jedes Land, jede Kultur und jeder Bürger wahrt seine nationale Identität und seine Individualität. Und das ist auch wichtig, andernfalls würde Europa seine Vielfalt verlieren – und das ist es doch, was Europaausmacht.

Geld und Macht teilen
Sowohl ökonomisch als auch politisch ist die bisherige Idee eines vereinten Europas heute in Frage gestellt. Frieden und Wohlstand als Versprechungen der Integration und der Verweis auf universelle Grundwerte allein sind nicht mehr zugkräftig. Der Transfer von Macht auf die „Zentrale“ stößt auf den Widerstand der meisten EU- Bürger. Zudem stellt die Erwartung an Solidarität durch Transferleistung, die durch die Finanzkrise eine neue Größenordnung erhalten hat, die Einheit Europas auf die Probe. Umfragen zufolge sehen sich die Bürger zuerst als Mitglieder ihres näheren Bezugsrahmens, danach als Bürger ihres Landes und erst zuletzt als EU- Bürger. In einer heterogenen Welt kann Komplexität belastend sein. Homogenität einer „Wir-Gruppe“ entlastet. Das Teilen von Macht und Geld funktioniert leichter, wenn Vertrauen gegenüber den legitimen Herrschenden und ein Gefühl der Verbundenheit vorhanden ist. Weder Geografie noch Geschichte, Religion oder Ethnie taugen als Abgrenzungskriterien. Das hat die Diskussion über die Kompatibilität des Islam mit Europa wieder gezeigt. Die zunehmende Entfremdung zwischen pro-europäischen politischen Eliten und ihren Mitbürgern wird die Akzeptanz der europäischen Integration weiter erodieren. Wie viel „Einheit in der Vielfalt“ ein Europa von morgen ausmacht, wird ständig neu verhandelt. Dieser Diskurs muss besonders die nächsten Generationen einbeziehen, die „ihr Europa“ gestalten wollen. Sie werden darin leben.

Region plus Europa
Die Menschen brauchen eine Story, eine richtig gute Geschichte. Dabei muss es gelingen, die regionalen und kulturellen Besonderheiten zu bewahren, sodass auf die Frage nach der Herkunft die Antwort z.B. lauten könnte: Spreewald oder Europa.

Wenn der erste Flieger vom BER startet ...

Nenn ́s Glück! Herz! Liebe! Gott!
Unterwegs in Deutschland komme ich sprachlich heute aus Franken, nach dem Autokennzeichen aus München, in Dresden komme ich aus Bayern, unterwegs in der Welt aus Deutschland. Mein in Sendling aufgewachsener türkischer Bekannter bezeichnet sich als bayrischen Türken. Sehen sich Kinder von Eltern aus verschiedenen europäischen Ländern selbst als Europäer? Oder eher als zu dem Land gehörig, in dem sie zufällig leben, unabhängig von der Herkunft ihrer Eltern? Hätten sich vielleicht die Menschen, die in ihrem Nachruf „Große Europäer“ genannt werden, weil sie am „Europäischen Haus“ mitgebaut haben, selbst als Europäer bezeichnet? Wer außer den international verhandelnden Politikern hätte Grund, sich wem gegenüber als Europäer darzustellen? Der Tourist auf der Route 66, wenn er sein Nachtquartier bucht? Oder ein Soldat im Einsatz in Afrika? Wichtiger als die Antwort auf diese Fragen ist es, dass beim FC Wacker Sendling über 50 Nationen gemeinsam Fußball spielen, dass sich in Münchner Mütterzentren Mütter und Kinder aus über 80 verschiedenen Ländern zu gemeinsamen Aktionen treffen, dass in Münchner Kliniken Arbeitsteams mit Kollegen aus der ganzen Welt zusammenarbeiten oder Studenten in internationalen Seminaren gemeinsam forschen.

Genetisch trennt uns wenig
Der moderne Mensch besiedelte Europa vor 40.000 Jahren von Osten nach Westen. Dort lebten die ersten Europäer in kleinen Gruppen als Jäger und Sammler und durchschweiften weite Areale. Ein Ereignis sollte die Europäer und auch andere Menschengruppen, die aus Afrika ausgewandert waren, entscheidend prägen: die Eiszeit vor 20.000 bis 13.000 Jahren. Vor allem in der kalten Jahreszeit war ein Überleben nur in wärmeren Zonen möglich. Für die Europäer galt: Wer nicht rechtzeitig Südfrankreich, Spanien, Italien oder die Schwarzmeerküste erreichte, erfror oder verhungerte. Die Bevölkerung wurde dezimiert. Die Genetiker sprechen vom Flaschenhalseffekt. Südfrankreich war das maßgebliche Rückzugsgebiet. Dort trafen die genetischen Linien zusammen und vermischten sich. Aus Sprachengemisch wurde eine gemeinsame Sprache, vermutlich eine Urform des heutigen Baskisch, wie Theo Vennemann, Sprachwissenschaftler an der Universität München, vermutet. Von dort ging bei Erwärmung der Erde die Wiederbesiedelung Mittel- und Nordeuropas aus. In ihrer gemeinsamen Sprache benannten die nach Norden und Osten ausschwärmenden Europäer die neu gewonnenen, von Gletschern und Tauwasser geformten Landschaften. Wir Europäer sind zu 70 Prozent Nachfahren dieser Urbasken und insofern genetisch sehr homogen. Uns Heutigen bleibt die Aufgabe, unsere europäische Identität auch kulturell und politisch zur Geltung zu bringen.

WIR, die Deutschen?
WIR können nur dann Europäer werden, wenn WIR als Europäer einen Weltmeistertitel erreichen, so wie WIR uns mit Deutschland identifiziert haben beim Gewinn der WM. Das wird aber nicht passieren, weil es keine „europäische Nation“ geben wird. Also hilft nur noch eine große KRISE, die uns Europäer eint und voran bringt. Aber wollen wir das wirklich? Das wirkliche Leben spielt sich doch entscheidend im Kleinen und Privaten ab. Das Glück findet sich im persönlichen Miteinander und nicht in einem wirtschaftspolitischen Projekt namens EUROPA.

Alles in einen Topf
Wenn das letzte schwimmende Fischerdorf in Vietnams Halong Bay zwangsumgesiedelt wurde und Bratwurst mit Tzatziki von den Touristen als lokale Delikatesse wahrgenommen wird.

Region geht vor
Wird es jemals dazu kommen, dass wir uns selbst als Europäer – nicht als Deutsche – bezeichnen? Ich glaube nicht: Für die große Masse der Menschen taugt ein Gebilde so groß wie Europa nicht als Herkunftsort. Viele Leute sagen mir heute, sie seien Münsteraner, Westfalen oder kommen aus Dortmund-Hörde. Die sehen sich vorrangig nicht mal als Deutsche. Ich sage dann manchmal eher im Spaß, ich bin hier wohl der einzige Deutsche, weil meine Eltern aus Sachsen und Ostpreußen stammen und ich bisher in Franken, Niedersachsen und Westfalen gelebt habe. Viele sehen bereits beim Blick über die Stadtteilgrenze „unbekanntes Land“, mit dem man sich nicht so gerne identifiziert, weil man es gar nicht kennt. Deshalb glaube ich nicht, dass die Deutschen zu einem großen Teil „Europäer“ werden.

Peu à peu
Sind wir das nicht schon – jedenfalls im Vergleich zu früheren Generationen? Als Menschen, die in Europa arbeiten und reisen, ohne dabei groß darauf zu achten, was auf dem Pass steht? Stattdessen viel eher auf Interesse und Neugier, auf Geschmack und Gefallen, auf Lebenslust und Lebensstil. Dass dies so vielen Menschen möglich ist, quer über ehemalige Religions-, Währungs- und Landesgrenzen hinweg, jenseits trennender Mauern und Eiserner Vorhänge, das ist für mich etwas sehr Europäisches. Denn Europäisch wäre vielleicht genau dies: offen zu sein für Vielfältiges und Unterschiedliches; sich frei zu fühlen von vielen Zwängen lokaler wie nationaler, ethnischer wie religiöser Enge; reflektiert umzugehen mit individuellen Zuordnungen zu Stilen und Milieus, zu Gruppen und Identitäten; und sich dabei des Privilegs bewusst zu bleiben, in dieser europäischen Landschaft der Gesellschaften und Kulturen zwar Herkunftsheimaten zu besitzen, sie jedoch auch verlassen zu können. Denn abseits der Stammtische und PEGIDA-Parolen und vor allem unter den jungen Generationen, die unterwegs sind zum Erleben, Arbeiten, Studieren, ist Europa vielfach längst Alltag. Nicht als neue Supernation, sondern als offener Raum für Lebensentwürfe, in denen gleichwohl Denk- und Meinungsfreiheit, Grundrechte und Gerechtigkeitsgefühle verbindende Werte bilden können. Anknüpfend an humanistische und demokratische Traditionen der europäischen Geschichte.

Nationale Eindrücke verschmelzen
Für mich ist Europa eine riesige „Spielwiese“ mit vielen verschiedenen Geschichten, Klängen, Gerüchen und Geschmäckern, derer ich mich bediene, um meine Musik ehrlich und individuell zu gestalten. Viel mehr noch: Musik ist für mich gelebte Einheit. Bei Bonaparte sorgen mittlerweile mehr als 20 Künstler aus allen Ecken Europas und der Welt für einen ganz speziellen Sound – und das Melt Trio, eines meiner neuen Projekte, trägt die Verschmelzung der Stile schon im Namen. Das Schöne an Musik ist, dass sie nur richtig gut funktioniert, wenn wir aufhören, geldpolitische Interessen zu verfolgen und unsere Ängste überwinden. Wenn wir uns anderen Menschen und Lebensarten öffnen, sie als Inspiration zu schätzen lernen und annehmen – das heißt, wenn wir ein gemeinsames Leben leben, bei dem jeder Teilnehmer wie eine Stimme in einer Partitur seinen individuellen Klang und Ausdruck hat und zum Gesamtwohlklang beiträgt. Ob das nun die strahlende Melodiestimme ist oder nur ein einzelner Akzent, der äußerst sparsam eingesetzt wird: Alle Teile eines Ganzen können immer nur zusammen wirken und mit Respekt für einander kommunizieren. Ich habe jeden Tag mit den Grundsätzen dieses „Zusammenspiels“ zu tun. Anders gesagt: Durch mein Schaffen als Musiker werde ich Tag für Tag und Schritt für Schritt zum Europäer.

Wir sind es schon
Ich arbeite an mehreren EU-Projekten mit und stelle fest: Wir sind es schon! Die USA gibt es seit über 200 Jahren und auch heute diskutieren und streiten die Einzelstaaten noch. Aber eine gewisse Grundidentität ist da.

Ich probiere es jetzt mal aus
Wenn ich in Deutschland oder in Europa gefragt werde, woher ich komme, antworte ich fast immer: „aus Bayern“. Es ergeben sich dadurch sofort Anknüpfungspunkte, um ins Gespräch zu kommen, denn die meisten kennen das Oktoberfest oder haben was zum Fußball zu sagen. Erst außerhalb Europas rückt Deutschland als Herkunftsort in den Blick. Ich werde es ausprobieren und beim nächsten Mal antworten: „I come from Europe“. Bin gespannt, was sich dadurch verändert! Vielleicht begreifen wir uns ja schneller als Europäerinnen und Europäer, wenn wir sprachlich sensibler werden?

Wirtschaftlich abhängig voneinander
Aus wirtschaftlichem Blickwinkel: Wir sind dann Europäer, sobald wir akzeptieren, dass wir es bereits sind. Unsere Volkswirtschaften sind so eng miteinander verflochten, dass wir voneinander abhängig sind. Das mag man nun gut oder schlecht finden, doch das ändert nichts daran, dass wir ökonomisch gesehen eine europäische Schicksalsgemeinschaft sind. Das hat die Finanzkrise eindrucksvoll demonstriert, deren Folgen noch immer in ganz Europa zu spüren sind. Ob Rekordarbeitslosigkeit in Spanien oder Rezession in Griechenland, ob europaweite Mini-Zinsen oder Export-Überschüsse in Deutschland – das alles hat Auswirkungen auf jedes einzelne europäische Land. Und auf jeden einzelnen Einwohner. Die Krise darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Europa von seiner wirtschaftlichen Verflechtung profitiert. Je mehr wir miteinander Handel treiben, umso mehr wächst unser Wohlstand. Ist diese Krise überwunden, werden die Bindungen noch enger sein – die Bankenunion ist nur ein Beispiel von vielen. Vor allem durch den Euro hat sich eine Eigendynamik entwickelt, die nur unter allergrößten Risiken gestoppt werden kann. Jede verantwortungsvolle Regierung wird daran arbeiten müssen, die Gemeinschaftswährung zum Funktionieren zu bringen. Das gelingt nur, wenn Europa nicht nur bei Geldpolitik, sondern auch bei der Haushaltspolitik eng zusammenwächst. Mit anderen Worten: Wirtschaftlicher Eigennutz macht uns immer europäischer.

Wenn endlich Kohle rüberwächst
Wir werden erst dann wirklich Europäer, wenn wegen finanzieller Engpässe auf nationaler Ebene kein Theater, kein Museum, keine Bibliothek und kein öffentliches Schwimmbad mehr geschlossen wird. Wenn hier die Staaten der Europäischen Union keine gezielte Solidarität zeigen, dann ist es schlecht um uns bestellt. Erst wenn uns unser gemeinsamer kultureller Reichtum wichtiger ist als der eigene wirtschaftliche Wohlstand, dürfen wir uns unserer Demokratiefähigkeit einigermaßen sicher sein. Ich mache mir keine Illusion, dass ich das Ende von Nationalismus und religiösem Fundamentalismus in Europa noch erleben werde. Aber schon heute bin ich lieber Europäer als Deutscher.

Wenn alle überall arbeiten
Junge Spanierinnen und Spanier leben Europa, in dem sie im deutschen Maschinenbau arbeiten. Italienerinnen und Italiener bereichern die Pflegeberufe hier. Letztlich entsteht so Identität durch Lebenswelt und Wissen um die Vielfalt der Regionen Europas, jenseits aller Regierungen, die freilich ihre wichtige Funktion behalten. Der Austausch von Chancen zwischen den Ländern kann nur gelingen, wenn Europa wirtschaftlich gelingt und bewusst seine Unterschiede betont. Der Wettbewerb der Regionen ist dann die Attraktion für eine selbstverständlichere Mobilität.

Die Identität des Menschen beruht auf vielerlei Einflüssen.Allein für die geografischen könnte ich sagen, ich bin Marbuirger (Wohnort), Hesse (Bundesland), Deutscher und Europäer. Man sollte hier nicht eine Ebene gegen die andere ausspielen. Mi der Ebene Deutschland verbindet mich neben der Geschichte vor allem die Sprache. Andererseits habe ich mit manchen Italiener, Engländer usw. sicher mehr gemeinsam als mit manchem Deutschen. Euiropa hat kulturell vieles gemeinsam (Nachwirkung der Antike, christliche Überlieferung, Aufklärung z.B.). So ist die Aussage \"ich bin Europäer\" für mich ebenso wichtig wie die Aussage \"ich bin Deutscher).

Wenn es ein Europa der Menschen gibt! Zur Zeit existiert ein Europa der Banken und Konzerne, es wird eine Austeritätspoltik betrieben, die große Teile der Bevölkerung in die Armut treibt und nur wenigen Menschen - der sogenannten Elite - dient.

Wir sind doch längst Europäer! Man braucht nur mal auf einen anderen Kontinent zu fahren, um das zu erfahren. Aber auch zu Hause sollten wir doch längst gemerkt haben, daß Europa unser Lebensraum und unsere Lebenswirklichkeit geworden ist. Anders könnten wir es uns gar nicht mehr vorstellen! Ewiggestrige gab es immer und wird es immer geben; wir sollten uns von denen nicht irre machen lassen. Unser Zugehörigkeitsgefühl hat sich dabei ausdifferenziert. Die alleinige Fixierung der Loyalität auf den Nationalstaat wurde im 19. Jahrhundert erfunden und im 20. nach schlimmen Erfahrungen überwunden.Heute können wir wunderbar gleichzeitig loyale Europäer, Deutsche und bspw. Bayern sein und uns dabei auch noch besonders eng einem Verein oder einer anderen zivilgesellschaftlichen Initiative verbunden fühlen. So ist die Welt des 21. Jahrhunderts, gerade für uns Europäer, und es ist super, daß es so ist!

Ich persönlich fühle mich heute schon mehr als Europäer als \"nur\" als Deutscher, da ich mit den Attributen, die einer nationalen Identität zugeschrieben wird, nichts anfangen kann. Ich fühle mich in Europa zu Hause, mehr als an einigen Orten im eigenen Land. Überhaupt glaube ich eher an regionale, grenzüberschreitende Identitäten innerhalb Europas als an nationale. Ich habe in verschiedenen europäischen Ländern studiert und möchte auch wieder \"ins Ausland\", wobei ich andere europäische Länder nicht als fremd empfinde. Generell stelle ich aber zwei Tendenzen im meiner Generation (\"Millenials\", oder wie man sie auch nennen mag) fest: den Rückzug ins Private und in eine eher nationale Identität zum einen, und die komplette Aufgabe nationalen Denkens und Abkehr in der Wahrnehmung von Grenzen zum anderen. Und hoffe persönlich, dass die erste Tendenz nicht weiter zunimmt.

Vor 40 Jahren, damals mit 15 im Urlaub, in Europa unterwegs, da wollte ich nie Deutscher sein. Denn dann gingen sofort die „dummen Sprüche“ los. Heute mit 55 kann ich getrost behaupten: „Zuerst Weltenbürger, dann Europäer, dann Deutscher“. Oder anders gesagt. Mensch mit deutschem Einschlag. Aber was bedeutet es zu sagen: „Ich bin Europäer!“ Ist es als Mensch eine Bereicherung, oder doch schon wieder eine Beschneidung? Man könnte auch argumentieren, wer große Schritte machen will, muss mit dem ersten Schritt beginnen. Denn, obwohl wir Menschen wissen, wenn man will, dass die Glocken läuten, muss man am Seil ziehen. Wird die Menschheit erst, am letzten Tag vor dem großen Knall bemerken, dass wir Wenn auch individuell, am Ende doch alle gleich sind.

Wenn wir uns alle einig sind.

Nicht nur Standards (Steuern, Sozialsysteme, etc.)müssen europaweit gleich und gültig sei; auch Toleranz gehört dazu. Aber das dauert noch Generationen.

WIR können nur dann Europäer werden, wenn WIR als Europäer einen Weltmeistertitel erreichen, so wie WIR uns mir Deutschland identifiziert haben beim Gewinn der WM. Eine „europäische Nation“ wird es aber nicht geben (können). Also hilft nur noch eine große KRISE, die uns Europäer eint und voran bringt? Aber wollen wir das wirklich? Das wirkliche Leben spielt sich doch entscheidend im Kleinen und Privaten ab. Das Glück findet sich im persönlichen Miteinander und nicht in einem wirtschaftspolitischen Projekt namens EUROPA.

Das Sein wird das Bewusstsein bestimmen. Junge Spanierinnen und Spanier leben Europa, indem sie im deutschen Maschinenbau arbeiten. Italienerinnen und Italiener bereichern die Pflegeberufe hier. Letztlich entsteht so Identität durch Lebenswelt und Wissen um die Vielfalt der Regionen Europas, jenseits aller politischen Regimes, die freilich ihre wichtige Funktion behalten. Der Austausch von Chancen zwischen den Ländern kann nur gelingen, wenn Europa jeweils wirtschaftlich gelingt und damit bewusst seine Unterschiede betont. Der Wettbewerb der jeweiligen Stärken in den Gegenden ist dann die Attraktion für eine selbstverständlichere Mobilität. Hier bleibt auch immer „Not“ im Spiel. Denken wir an die jungen Freunde aus Spanien und Italien. Nur müssen die Zielpfeile quer, schräg, gerade und irgendwie über unseren Kontinent gezogen sein! Herkunft und Identität mäandern schließlich.

Wir sind Europäer, alle die wi in Europa leben und auch anderswo. Wir sprechen verschiedene Sprachen, leben in unterschiedlichen Kulturen und geben uns anderslautende Namen und doch sind wir alle Nachbarn in dem einen großen Boot Europa mit all seiner Vielfalt, aller unseren eigenen Charaktären, allen unseren Eigenheiten. C\'est ci facile - it\'s that easy - aqui estamas jautos

Ja, dass ist vorstellbar und realistisch. Jedoch wird es noch viele Anstrengungen erfordern. Nur den Euro zu bewahren genügt nicht. Die Menschen brauchen eine Story, eine richtig gute Geschichte, ein gemeinsames Ziel. Dabei muss es gelingen, die regionalen, kulturellen, landsmannschaftlichen Besonderheiten zu bewahren, zu stärken sodass auf die Frage: Und woher kommen Sie? Die Antwort z.B. lauten könnte: Europa, Spreewald oder Europa, Eifel oder ....

Ich glaube, wir müssen noch ein bis zwei Generationen mindestens warten, bis sich Menschen bei der Frage nach ihrer Herkunft als erstes als Europäer*innen und nicht als Kölner oder Rheinländer oder Deutsche bezeichnen. In wirtschaflich schwierigen Zeiten suchen einige Menschen einfache Antworten auf vielschichtige Probleme und geraten dabei zum Teil leider auf die nationalistische Schiene…wir brauchen viel Wissen über die Europas Geschichte mit all seinen Konflikten aber auch Allianzen und Zusammengehörigkeiten. Manchmal hilft ein Blick über den Tellerrand, um zu sehen, wie viele tolle Gemeinsamkeiten und Werte wir hier in Europa haben – Krankenversicherungen, kostenlose Schulbildung, keine Todesstrafe, Pressefreiheit, Frauenrechte - um nur einige zu nennen. Ich zumindest glaube an die europäische Idee. Werde bei der nächsten Frage nach meiner Herkunft mal so antworten und gucken, was passiert.

Sobald wir außerhalb Europas sind.

Wenn alle Europäer sich so zusammengehörig bzw. zueinander gehörig fühlen wie in Deutschland Bayern und Berliner, d.h. wenn (viel) mehr Offenheit für die Andersheit anderer Ethnien und ihrer Kulturen gewachsen sein wird - und mehr alltägliche Selbst- verständlichkeit. Wenn die Europäer sich also wechselseitig so begegnen, wie sie inzwischen mit dem Euro umgehen (ich meine nicht das Euro-Problem!)

solange wir die regionale Eigenart der Menschen in den Ländern und Ländchen nicht respektieren, solange werden wir auch keine Europäer werden. Da bin ich wenig zuversichtlich. Wenn Europa im geographischen Sinne vom Atlantik bis zum Ural und bis zum Bosporus reicht, werden wir keine Europärer werden. warum aber auch? ist es nicht nur der kultige Anspruch, das muss man Europäer sein muss, das politisch korrekt sein wollen, was uns umtreibt? ... ist doch Quatsch. Mir sind Bayern, Sachsen, Franken oder Schwaben und Münsterländer lieber als ein Einheitsbrei \"wir sind alle eins\". Ich will das mal so sagen, nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben... das hilft auch, dass die Sprachen wie die diversen plattdeutschen Dialekte etc. nicht aussterben.

Ja, wir sind schon Europäer – und leben das einfach ohne es vielleicht zu merken. Nicht nur unsere kulinarische Lebensweise ist wunderbar multi-kulti, da ist doch die Pasta so selbstverständlich wie Kebab, Weisswurst, Tapas, Couscous. Wer durch Deutschland (insb Berlin) spaziert spürt die Freiheit, sich selbst sein zu können, zwangfrei, authentisch, unverkrampft. [Nach Jahren in USA muss ich festhalten:] Wir wissen gar nicht wie cool (auch liberal) wir sind – präzise, Aufgaben fixiert, und doch auch – Weltmeister der Herzen.

es wird dazu kommen, daß wir in erster Linie uns als Europäer verstehen, aber es wird wohl noch einige Jahrzehnte dauern. Welterschütternde Krisen, die von einzelnen Staaten nicht mehr beherrschbar sein werden, werden den Prozess allerdings beschleunigen.

Ich denke das wird noch mindestens zwei Generationen dauern, kommen wird es aber, dass wir uns primär als Europäer fühlen.

Wir sind es schon: alle Pässe in den EU-Staaten haben seit Anfang des Jahrtausends die gleiche dunkelrote Farbe und zuoberst auf dem Pass vorn steht in der jeweiligen Landessprache: Europäische Union, erst in der 2. Zeile folgt das Land. Zudem: junge SpanierInnen, HolländerInnen sowie Frauen und Männer anderer Nationen auf die Frage eines Reporters, ob sie sich als Spanier oder Holländerin etc fühlten: was für eine altmodische Frage, wir sind Europäerinnen! Dies las ich im Herbst vergangenen Jahres in einer spanischen Tageszeitung in einer Reportage über die vielen jungen SpanierInnen in nördlichen EU-Ländern. Also höchste Zeit über den alten Schatten zu springen und Jetzt-Zeit wahrnehmen!

Das wird noch lange dauern. Folgt man seinem Herzen, fühlt man sich einer Nation zugehörig, erst dann Europa (in Abgrenzung zu Amerika, oder China usw.). Sonst ist es eine Frage des Verstands. Wer an Europa denkt, ist prag¬ma¬tisch und darauf bedacht, den wirtschaftlichen Vorteil zu sehen.

Ja es wird, aber das wird noch eine ganze Weile dauern

Solange es die erheblich ökonomischen Unterschiede gibt werden sich die meisten deutschen nicht als Europäer fühlen oder bezeichnen
Helmut Kohl, Bundeskanzler a.D.