
Wie ökologisch ist die Stadt?
Kann städtisches Leben ökologisch gedacht und gelebt werden? Wie schätzen, pflegen, hegen wir sogenannte grüne Lungen in der Stadt? Haben wir als getriebene Städter überhaupt noch Bewusstsein für ökologisch nachhaltiges Leben im urbanen Raum? Wir möchten eine Diskussion über die sinnvolle ökologische Gestaltung urbaner Lebensräume entfachen – und zwar vor dem Hintergrund des weltweiten Trends wachsender Städte.

Energieversorgung entscheidet: „Die Bürger wollen zukunftsfähige Lösungen und bezahlbare Energie.“
Rund 74 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Städten. Die zunehmende Urbanisierung stellt Städte vor vielfältige Herausforderungen. Da es an dieser Stelle um den Aspekt der Ökologie geht, ist der Übergang zu einer CO2-ärmeren Energieversorgung ein wichtiger Punkt. Einerseits müssen die Städte die Klimaschutzziele und die Umsetzung der Energiewende vorantreiben, andererseits haben die Bürger klare Bedürfnisse: Versorgungssicherheit, zukunftsfähige Lösungen und natürlich bezahlbare Preise. Viele Stadtwerke haben sich dieser Aufgabe mit großem Engagement gestellt und trotz fehlender Sicherheit, was die politischen Rahmenbedingungen anbelangt, hohe Investitionen in innovative Technologien getätigt. Damit stärken wir die regionale Wertschöpfung! Als Beispiel: Im Landkreis Ravensburg betreiben wir drei große Nahwärmenetze mit dezentralen Blockheizkraftwerken, die dank der Kraft-Wärme-Kopplung sehr effizient Wärme und Strom produzieren. Damit versorgen wir rund 700 Wohn- und Geschäftsgebäude und senken gleichzeitig die CO2-Emissionen, teilweise um bis zu 84 Prozent. Auch im Verkehrssektor wollen wir mit der Förderung des Umstiegs auf Erdgasfahrzeuge mehr Energieeffizienz erreichen. Der Betrieb von 26 Erdgasbus- sen in Ravensburg ist bereits ein sehr erfolgreicher Schritt dazu. Ökologische Stadtentwicklung hat immer auch mit deren Energieerzeugung zu tun. Es wäre schön, wenn die dazu nötigen Anstrengungen etwas mehr honoriert würden.

Gärten auf Parkplätzen: „Urbane Gärten sind Experimentierfelder einer gerechten Stadt.“
Rund um den Globus sprießen Hunderte urbaner Gärten aus unwirklichen Betonwüsten. Nur „Kinderkram der Ökos und Sozialromantiker“, wie es in einem Leserbrief hieß? Oder „Utopien im Kleinen“ und „Versuchslabore der nachhaltigen Stadt von morgen“, wie die Presse schreibt? Neu an den urbanen Gärten ist der bewusste Bezug auf drängende ökologische und soziale Herausforderungen der Gegenwart: Klimawandel, soziales Auseinanderdriften, Verlust der biologischen Vielfalt, ungleicher Zugang zu gesunden Lebensmitteln und ungebremster Ressourcenverbrauch, um nur einige zu nennen. Die in den Gärten vermittelten Praktiken des lokalen Eigenanbaus, des Kompostierens, des Einmachens, des Recyclens und des Reparierens sind getragen von der gemeinschaftlichen Sorge um das, was wir und zukünftige Generationen zu einem guten Leben brauchen: urbane Gemeingüter. Es entstehen „Oasen“ in der Stadt, naturnahe Orte der Entschleunigung und des ungezwungenen Gesprächs. Dort, wo angesichts globaler Herausforderungen und einander ablösender Krisen das Vertrauen in die Steuerungsfähigkeit des Marktes, der Institutionen schwindet, stellen urbane Gärten die pragmatische Frage: Wie können wir gemeinsam und mit den uns lokal zur Verfügung stehenden Mitteln dazu beitragen, unsere Städte ökologischer, sozialer, partizipativer, ressourcenschonender zu gestalten? Urbane Gärten hegen eine Kultur der zukunftsorientierten Urbanität.

Bakterielle „Stadtbegrünung“.: „In Städten entsteht die Möglichkeit einer ganz neuen Form ökologischer Governance.“
Die Stadt als Struktur eignet sich ganz besonders für den Einsatz neuer Mischungen aus wissenschaftlichem Fortschritt und technologischen Fähigkeiten. So gibt es zum Beispiel ein Bakterium, das aus Haushaltsabwässern ein Plastikmolekül produzieren kann. Sogar ein biologisch abbaubares. Und Braunwasser wird von uns allen gerade in Städten in riesigen Mengen in Küche und Bad produziert. Es zu reinigen, ist eine Last für Kommunen und die Umwelt. Es wäre machbar, daraus eine wirklich „städtische“ Industrie zu entwickeln. Wir produzieren den Rohstoff selbst und er ist bereits hochkonzentriert in den „Lagern“ der Stadt gespeichert. Mit Hilfe dieser Bakterien können Städte also Produzenten und Exporteure biologisch abbaubaren Plastiks werden. Die einzige Gefahr besteht in den allgegenwärtigen Privatisierern und dem Finanzkapital mit seiner Tendenz, aus allem ein Wirtschaftsgut zu machen und damit zu spekulieren. Ein zweites Beispiel ist die Entdeckung von in Beton lebenden Bakterien, die den CO2-Ausstoß von Gebäuden neutralisieren können – extrem wichtig, weil Gebäude für weit über die Hälfte solcher Emissionen weltweit verantwortlich sind. Eine weitere in der Entwicklung befindliche Technologie ist sich selbst reparierender bakterieller Beton. Hier versiegeln im Beton lebende Bakterien Risse und verringern die Durchlässigkeit der Betonoberfläche, indem sie dichte Schichten von Kalk und anderen Mineralstoffen ablagern. Die vielfältigen Umwelten der Stadt machen solche Kombinationen unterschiedlichster Wissensgebiete und Technologien erst möglich. Dadurch entsteht in Städten auch die Möglichkeit einer ganz neuen Form der ökologischen Governance, die einen vom üblicherweise bevorzugten Ansatz des internationalen Kohlenstoffhandels radikal neuen Ansatz verfolgt. Dessen Ziel wäre es, die Kohlenstoff- und Stickstoffkreisläufe direkt vor Ort anzugehen, indem Maßnahmen ergriffen werden, die Umweltzerstörung in radikal neuer Art zu verringern versuchen.

Mehr urban gardening! Dann wird alles gut ...

Positiv denken: Viel besser als Großteil der Landwirtschaft!

Drei Thesen zur nachhaltigen Stadt 1. Sie kostet Geld, was Arme mehr belastet als Wohlhabende. Ihre Verteilungswirkungen müssen in Rechnung gestellt werden. 2. Sie erfordert mehr als passive Duldung. Recycling z.B. ist nur in dem Maße effizient, wie die Bürger es aktiv mittragen. Nicht alle aber verfügen über die nötigen Informationen und das nötige Maß an Disziplin, um als Mitproduzenten der nachhaltigen Stadt zu handeln. Die Erfordernisse der Nachhaltigkeit müssen zur Allgemeinbildung werden. 3. Sie verlangt Änderungen der städtischen Lebensweise. Zwang reicht da nicht. Die nachhaltige Stadt muß mit einem Bild vom besseren Leben verknüpft sein. Das aber ist eine Frage, auf die nur Utopien Antwort geben. Mit der Vertreibung aus dem Paradies ist die Natur dem Menschen zum Feind und sein Leben zu Schweiß und Mühe geworden. Städtisches Leben ist der Versuch, sich von diesem doppelten Fluch zu befreien. Der erste Städter war der, der sich nicht tagtäglich mit einer feindlichen Natur auseinandersetzen musste, und wer über genügend Geld und die nötigen Mittel verfügt, dem liefert die Stadtmaschine Güter und Dienstleistungen zur Befriedigung noch der intimsten Bedürfnisse. Soweit der ökologische Umbau mit Notwendigkeiten argumentiert und nicht mit dem Versprechen auf ein Reich der Freiheit jenseits des Reichs der Notwendigkeit, gerät er in Widerspruch zum utopischen Versprechen der Stadt auf Befreiung vom Natur- wie vom Arbeitszwang. Vor allem daran kann er scheitern.

Urbane Logistik: Ist es nicht an der Zeit, Waren auf \"demokratische\" Weise zu liefern? Die Aufnahme und Lieferung von Waren in der Stadt von heute ist eine schwierige Aufgabe. Staus, unzulängliche Infrastruktur, Gesetze und Verordnungen sowie schlecht ausgelegte Gebäude - dies alles trägt dazu bei, dass sich Anwohner belästigt fühlen und bei Logistikunternehmen erhebliche Ineffizienzen entstehen. Einige Städte versuchen jedoch, diese Probleme anzugehen. Sie wollen sicherstellen, dass Logistik im urbanen Raum künftig ohne negative Auswirkungen auf Anwohner, Unternehmen und Logistikdienstleister abgewickelt werden kann. Ein Ansatz dieser Städte, die urbane Logistik zu verbessern, besteht in der \"demokratischen\" Nutzung bestehender Lagereinrichtungen, Lieferfahrzeuge und der öffentlichen Verkehrssysteme. Derzeit besteht der Ansatz bei urbaner Logistik darin, dass die meisten privaten Logistikunternehmen ihre eigenen Lagerhäuser und Lieferfahrzeuge zur Lagerung und Auslieferung von Waren an ihre Kunden nutzen. Das Ergebnis sind nicht genutzte Anlagen und die Zunahme von Staus, da Lagerhäuser und Lieferfahrzeuge nicht bis zur Kapazitätsgrenze ausgelastet sind. Gleichzeitig nutzen Städte ihre Systeme des öffentlichen Nahverkehrs ausschließlich für die Beförderung von Personen und übersehen dabei die Möglichkeit, dieselben Systeme für andere Zwecke einzusetzen, wie für die Lieferung von Waren an Unternehmen vor Ort. Durch die Verpflichtung von Unternehmen, ihre Lagereinheiten und Lieferfahrzeuge mit anderen zu teilen und den öffentliche Nahverkehr in den Lieferprozess einzubinden, erleben die Pioniere unter den Städten, dass sie Staus erheblich reduzieren und die Nutzung sowohl ihrer privaten als auch der öffentlichen Infrastruktur verbessern können.

Ökonomie geht leider meistens vor Ökologie.

In einer von IT und Internet geprägten Welt sollte das Ziel sein, diese Technologien zu nutzen, um den Menschen unnützes zu ersparen, bspw. Fahrzeiten zu optimieren, Zeit zu schenken und Stress zu reduzieren. Doch das Gegenteil ist der Fall..

Umweltzonen sind ein erster Schritt in Richtung saubere Luft und mehr Lebensqualität für Stadtbewohner. Generell weniger Ausstoß und geförderte e-Mobilität wären weitere Lösungen.

Freizeitmöglichkeiten hin oder her. Die meisten Städte trumpfen vor allem mit Lärm, Gestank und Dreck auf.

Durch Niedrigenergiehäuser, hohem Baumbestand und Freiflächen ließe sich urbaner Raum in grüne Oasen verwandeln. Möglichkeiten sind vorhanden, doch Stadtplaner denken oftmals in wirtschaftlichen Mustern und ziehen Luxusimmobilien und Einkaufszentren einem neuen Park und glücklichen Bewohnern vor.
Andreas Thiel-Böhm, Geschäftsführer der Technische Werke Schussental GmbH & Co. KG